Vortrag

Hans Zitko

Die Grenzen der Ideen einer autonomen Kunst

Zu den kunstsoziologischen Ansätzen Pierre Bourdieus und Niklas Luhmanns

15. 11. 2001, 19.00 Uhr

Ein immer wiederkehrendes Motiv in der Ästhetik und Kunsttheorie der Moderne bildet die Vorstellung von einer autonomen, eigenen Regeln folgenden Kunst. Unter den neueren Autoren, die dieser Vorstellung Argumente liefern, findet sich der französische Soziologe Pierre Bourdieu, der auf der Basis seiner Theorie der sozialen Räume und Felder jene gesellschaftlichen Bedingungen zu lokalisieren versucht, die eine autonome Kunst möglich machen sollen. Von anderen theoretischen Voraussetzungen ausgehend, entwickelt auch Niklas Luhmann die Idee, dass sich die Kunst im Zuge eines historischen Prozesses der Ausdifferenzierung sozialer Systeme zu einer selbstbestimmten Sphäre mit eigenen Regeln und Gesetzen entwickelt hat.

Unter den neueren Theoretikern, die das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft untersuchen, spielen beide eine herausragende Rolle. Beide verfolgen, mit unterschiedlichen Akzenten und Argumenten zwar, das Bild von einer autonomen Kunst. Die Frage, inwieweit die Vorstellungen von ästhetischer Autonomie einen Mythos reproduzieren, ist in Hinblick auf die gegenwärtige wechselseitige Durchdringung unterschiedlicher sozialer Systeme von heikler Brisanz. Diese Vorstellungen von einer Autonomie der Kunst bedürfen heute einer kritischen Revision. Der Vortrag geht der Frage nach möglichen Grenzen und Inkonsistenzen der genannten Theorieansätze nach. Gezeigt werden soll, dass die Kunst - anders als vielfach unterstellt - in soziale Funktionszusammenhänge eingebettet ist, die eine Logik der Autonomie durchkreuzen.