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Le stade du miroir

Ein Ensemble an Relationen

Le stade du miroir. Ein Ensemble an Relationen

In "Le stade du miroir. Ein Ensemble an Relationen" widmen wir uns zusammen mit dem Kollektiv BAER, Peter Haas, Jakob Rockenschaub und dem Künstlerduo Maximilian Anelli-Monti und Moritz Pisk dem Raum als (Ver-) Handlungsort heterogener Beziehungen und deren Positionierung im Raum. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der 5020 wird der Februar im Zeichen der Selbstreflexion stehen. Der Prozess der Neufindung und Umstrukturierung wird mittels kollektiver Abendessen (Baer), performativen Diskussionsreihen (Peter Haas, Maximilian Anelli-Monti und Moritz Pisk) und raumübergreifenden Installationen (Jakob Rockenschaub) erprobt und zusammen mit einer breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Welche Rolle hat ein öffentlicher Kunstraum zu erfüllen und welches Beziehungsgefüge soll sich nach Außen (er-)öffnen? Welche Positionswechsel, welche Rollenverteilungen finden statt, wenn Strukturen des Alltäglichen auf den Kunstkontext Einfluss nehmen?

Der Spiegel fungiert bei Foucault als Bindeglied zwischen unwirklichen und wirklichen Orten, als „Misch-oder Mittelerfahrung“ zwischen Utopie und Heterotopie – als vermittelndes Medium zwischen der Eigen- und der Fremdwahrnehmung. Einerseits erlaubt der Blick in den Spiegel, sich selbst als Teil eines fragmentierten Umraum zu erkennen, zum anderen verdeutlicht er, dass diese Erfahrung nur in der Reflexion möglich ist. Die Gleichzeitigkeit von Bild und Abbild, Aktuellem und Virtuellem, führt nach Lacan zur Spaltung des Subjekts – es erfährt, wie es von Außen wahrgenommen oder erfahren wird, aber auch, dass das Bild, dem es sich anzunähern sucht, außerhalb des eigenen erfahrbaren Körpers liegt. Die Inkommensurabilität von Erscheinung und Ganzem führt in der frühkindlichen Entwicklung zu einem unumkehrbaren Bruch, der für die weitere Sozialisation prägend ist. Der Raum als Handlungsort ist unweigerlich mit diesem Bruch verbunden – als Ort der (Selbst-)Konstituierung eines sozialen Ichs ist der Raum und dessen Gesetzmäßigkeiten wesentlicher Faktor für den Prozess der Subjektivierung.

Seit der Gründung der 5020 vor 25 Jahren, wurden im Rahmen von Ausstellungsprojekten nicht nur konventionelle Ausstellungsformate hinterfragt, sondern auch Denkmodelle entwickelt, die den Raum als Ort der Handlung konstituieren. In Auseinandersetzung mit Diskursen der 90er Jahre wurden neue Formen des Ausstellens und der Nutzung des Raums entwickelt. Kunsthallen und Kunstvereine integrierten multi-funktionale Orte in die vormals als reine Ausstellungsfläche genutzten Räume. Bibliotheken, Audio – und Videotheken, Archive wurden nicht mehr hinter verschlossenen Türen bewahrt, sondern bildeten einen „konzeptuellen Bestandteil“ der Ausstellung. Diese Entwicklungen führten nicht nur zu „Displayräumen“, die die Funktionalität von herkömmlichen Ausstellungsdisplays in Frage stellten, sondern suggerierten die Auseinandersetzung mit dem Kontext der gezeigten Ausstellung und führten zu einer kritischen Hinterfragung der Kunstinstitutionen. Die neuen Raumsituationen verstanden sich als Plattform für soziale Veranstaltungen und versuchten das Konzept des "White Cubes"zu unterlaufen. Im Vergleich zu künstlerischen Praxen der 1960’er Jahre, die als Vorreiter für die Abwendung vom Objektcharakter hin zu sozialen Formen eines "Mit-einander" stehen, wurde in den 90er Jahre die Einbettung der Kunstproduktion in Alltagspraxen des sozialen Feldes verhandelt. Nachbarschaften und Interessengemeinschaften standen im Fokus einer intersubjektiv erfahrbaren Kunstproduktion, die auf direkte Teilhabe und wechselseitigen Austausch basierte. Daraus entwickelte sich eine Form des Ausstellens, die dem „Moment der Alltäglichkeit“ (Paolo Bianchi) Rechnung trug – Begriffe aus diesem Feld zeugen noch heute von dem immensen Einfluss dieser Auseinandersetzung: Labor, Podium, Diskurs- und Experimentierraum charakterisieren Wahrnehmungshaltungen, die sich gegen das Ausstellen eines isolierten Objektes richten und die Thematisierung des Raumes als institutionellen Rahmen in den Vordergrund drängen. „Die Ausstellung ist nicht mehr nur ein möglicher Kontext neben anderen, sondern bildet das konstituierende Element für die Kunst. Die Konsequenz ist der leere Ausstellungsraum“, schrieb Peter J. Schneemann im 2007 erschienenen Band des Kunstforum International mit dem Titel "Das Neue Ausstellen". Dass der „leere Ausstellungsraum“ per se mit Inhalten gefüllt ist, lässt uns nach dem Ort und seinen determinierenden Handlungsmustern fragen. Was konstituiert einen Handlungsraum und welche Wechselwirkung setzt dieser voraus? Welche Relationen sind bestimmend für einen Ort?