Ausstellung

Rendering Memory

Gruppenausstellung mit Raffaela Bielesch, Klaus Bock, Markus Kircher und Viktoria Tremmel

15. 02. - 13. 04. 2019

Im Zentrum des Jahresthemas 'Documents of Desire/ The Desire of Documents' (dt. Dokumente des Begehrens/ Das Begehren der Dokumente) steht die Umwertung dokumentarischer Verfahren, eine Hinterfragung des Begehrens nach ‚wirklichkeitskonstituierenden' Potentialen des Dokumentarischen sowie die Beschäftigung mit den zu verhandelnden Autoritäten. Wir fragen uns, welche Strategien können folglich innerhalb künstlerischer dokumentarischer Verfahren entwickelt werden, um einer je eigenen ‚Wirklichkeit' nachzuspüren?

Die erste Ausstellung unter dem Titel "Rendering Memory" bezieht sich auf das Begehren des Subjekts die je eigene Geschichte festzuhalten. Der Begriff des "Renderns" bezeichnet in der Architektur eine computergenerierte Darstellung der Wirklichkeit, und wird im Zusammenhang mit der Erstellung dreidimensionaler Architekturmodelle verwendet. Im Kontext der Ausstellung steht das Architekturmodell als weiterführende Denkfigur für den Begriff des Gedächtnispalastes. Die Gedächtnispalast-Technik oder auch Loci-Methode, ursprünglich eine Technik der antiken Rhetorik-Schulen, bezeichnet eine Methode zur Abspeicherung deklarativen Wissens und dessen Abruf aus dem Gedächtnis. Wollte sich jemand beispielsweise eine Rede merken, legte er die einzelnen Elemente seines Referats in bestimmten Räumen seines Gedächtnispalastes ab. Informationen werden somit in vorstellbare Dinge umgewandelt und als solche angeordnet, strukturiert und organisiert. Auch das Archiv kann im Sinne des altgriechischen Wortes ἀρχεῖον (archeíon) ‚Amtsgebäude' als ein solcher Gedächtnispalast verstanden werden.

Doch wie verhält es sich mit dem Abrufen von Erinnerungen? Erinnerungen sind reine Impulse im Gehirn, die in der Gegenwart meist unkontrolliert ausgelöst werden. Ihr Sinngehalt referiert zwar auf Vergangenes, manifestiert sich jedoch in der Jetztzeit. Erinnerungen können somit nicht wie deklaratives Wissen im Rahmen der Gedächtnispalast-Technik abgerufen werden. Trotzdem versuchen gängige Formen des privaten Dokumentierens, wie beispielsweise das Festhalten eines Erlebnisses oder eines bestimmten Gefühls in Form von Tagebüchern, Familienalben oder Briefe-Sammlungen, genau dies zu tun. Das Erlebte wird festgehalten, um in der Zeit zu überdauern und in der Zukunft abrufbar zu sein. Trotzdem müssen wir im Umgang mit dem je eigenen Archiv oft feststellen, dass die ursprüngliche Idee einem zukünftigen Ich, die bereits vergangene Gegenwart zu vermitteln, die mit dem Wunsch verbunden ist, dass sich das zukünftige Ich mit dem Vergangenen identifizieren kann, eine Schwierigkeit darstellt. Denn wenn wir private Archive im Sinne des Renderns, als Modelle verstehen, die für das zukünftige Ich eine Möglichkeit der Rekonstruktion bieten, müssen wir feststellen, dass der Vorgriff auf etwas, was noch nicht stattgefunden hat, oft stark von der tatsächlichen Umsetzung abweicht.

Die eingeladenen Positionen in "Rendering Memory" setzen den gängigen Formen des privaten Archivs, neue intimistische Gefüge entgegen. Der dokumentarische Ansatz, das persönliche Erleben festzuhalten wird durch die künstlerischen Herangehensweisen konterkariert. Der Blick des/der Betrachter*in wird mit einem ästhetisches Produkt konfrontiert, welches nur noch bruchstückhaft Erinnertes festzuhalten vermag.

Text: Karolina Radenkovic